Herodot zur skythischen Sprache
von George Hinge
Obwohl Herodots Werk ein beachtliches Interesse von Sprachunterschieden manifestiert und von Vokabeln und Namen der verschiedensten Sprachen, vor allem des Ägyptischen, des Persischen und des Skythischen, wimmelt, nehmen die Forscher Herodots sprachlicher Kompetenz und Urteilskraft gegenüber eine eher skeptische Stellung ein. Als besonders kritisch wird die Stelle ausgelegt, an der Herodot behauptet, dass alle persischen Namen von Standespersonen auf s ausgehen (1,139), obwohl die persischen Keilschrifttexte das ursprüngliche Nominativ-s nur für die i- und u-Stämme bezeugen (z.B. Kuruš = Κῦρος, Dārayavahuš = Δαρεῖος), während es in den weit häufigeren a-Stämmen seit den ältesten Urkunden geschwunden war (z.B. Xšayārša = Ξέρξης, Artaxšaça = Ἀρταξέρξης). Es wird stolz hinzugefügt, dass die Perser selbst die Beobachtung nicht gemacht hatten, was ja nicht wundern kann! Herodot hat offensichtlich seine einzigartige Regel aus den griechischen Pendants der persischen Namen abgeleitet. Seine Übersetzungen der Namen persischer Könige Δαρεῖος «ἀρήιος», Ξέρξης «ἐρξίης», Ἀρτοξέρξης «κάρτα ἐρξίης» (6,98) stimmen ebenfalls nicht mit unserem Wissen des Persischen überein (Dārayavahuš ‚das Gute festhaltend‘, Xšayārša ‚Heldenkönig‘, Artaxšaça ,dessen Regierung gerecht ist‘), sondern folgen vielmehr aus den griechischen Formen der Namen.
Es handelt sich dennoch wahrscheinlich nicht um fehlende Sprachkenntnis, sondern eher um eine abweichende Sprachbetrachtung. Mit einem Namen verstand Herodot nicht einfach die Benennung einer Person, sondern zugleich ihre Individualität. Dass der Geschichtsschreiber beispielsweise behauptet, dass die Griechen die Namen der olympischen Götter (Zeus, Apollon, Artemis, Demeter, Dionysos u.s.w.) aus Ägypten hergeholt haben (2,4,21; 2,50-52), obzwar er mehrmals sonderägyptische Namen derselben Götter erwähnt (Amun, Horos, Bubastis, Isis, Osiris: 2,42,5; 2,144,2; 2,156,2), wäre im Rahmen der modernen Sprachwissenschaft eine unüberwindliche Inkonsistenz. Herodot ist hier nominalistisch in dem Sinne, dass ein Phänomen nicht existiert, falls es keinen Namen gibt, und es keinen Namen gibt, falls ein Phänomen nicht existiert. In den obenerwähnten Fällen hat er wohl kaum das Paradoxon darin begreifen können, dass er die griechische Form dem griechischen Sprachsystem zufolge analysiert. Er sah offenbar Δαρεῖος und nicht Dārayavahuš als den Namen sowohl als die Person Dareios.
Dass Herodot die Grundlage der modernen Sprachwissenschaft nicht teilte, heißt jedoch nicht, dass er mit Sprachen unreflektiert umging, was nicht zuletzt im skythischen Buch unverkennbar ist. An zahlreichen Stellen schmückt Herodot sein Geschichtswerk mit Etymologien, worunter die Alten nicht sprachgeschichtliche Erklärungen der Herkunft der Wörter, sondern ätiologische Pointen über ihren wahren Sinn verstanden. Am Häufigsten handelt es sich bei Herodot lediglich um die Benennung eines Ortes oder Volkes nach einer Person (typisch dem κτίστης), die dort eine zentrale Rolle gespielt hatte, z.B. die Lyder nach Lydos, Thera nach Theras, die Perser nach Perses, die Skythen nach Skythes u.s.w. (solche mythischen Namen sind wahrscheinlich eher nach den vorliegenden Ethnonymen und Toponymen gebildet). Die Rede ist aber nicht von einer eigentlichen Etymologie, sondern von einer einfachen Benennung (in Herodots Sprachgebrauch ἐπωνυμίη). Es werden nur relativ selten Namen unter Bezugnahme auf ihre Ableitung von Appellativen der griechischen Sprache erklärt: So in 2,52, wo θεός - möglicherweise korrekt - von τίθημι hergeleitet wird, weil die Götter alles in die Welt gesetzt haben (ὅτι κόσμῳ θέντες τὰ πάντα πράγματα), oder 7,193,2, wo der Ortsname Aphetai dadurch erklärt wird, dass die Argonauten davon ausliefen (ἐνθεῦτεν γὰρ ἔμελλον ὑδρευσάμενοι ἐς τὸ πέλαγος ἀφήσειν).
Im skythischen Logos finden sich jedoch mehrere Beispiele dafür, dass Herodot skythische Namen etymologisiert. An einer Stelle erwähnt er eine Quelle am Fluss Hypanis (Bug), die auf Skythisch Ἐξαμπαῖος und auf Griechisch Ἱραὶ ὁδοί ‚Die heiligen Straßen‘ heißt (4,52,3). Die griechische Form ist möglicherweise eine Übersetzung des skythischen Namens. Der Name der Melanchlainen wird von ihrer schwarzen Kleidung, εἵματα μέλανα, hergeleitet (4,107), aber er ist offenbar griechisch. Papaios, der skythische Name des Zeus, wird als korrekt (ὀρθότατα) bezeichnet; Herodot setzt ihn offenbar mit dem Lallwort πάππας zusammen.Viel aufschlussreicher sind dagegen zwei Stellen, an denen Herodot skythische Appellative in die Erklärung skythischer Namen miteinbeziehen, was in seinem Werk und in der klassischen griechischen Literatur einzigartig ist. Wir haben anscheinend vor uns Etymologien im modernen Sinne des Wortes. Alleine deshalb verdienen sie eine nähere Erörterung.
Herodot erwähnt im geographischen Exkurs ein wunderliches einäugiges Volk am Rand der skythischen Welt und fügt hinzu (4,27):
παρὰ δὲ Σκυθέων ἡμεῖς οἱ ἄλλοι νενομίκαμεν, καὶ ὀνομάζομεν αὐτοὺς Σκυθιστὶ Ἀριμασπούς (῾ἄριμα᾿ γὰρ ἓν καλέουσι Σκύθαι, ῾σποῦ᾿ δὲ ὀφθαλμόν) „Wir haben sie von den Skythen kennen gelernt und nennen sie auf Skythisch Arimaspen (denn arima heißt ‚eins‘ und spu ‚Auge‘)“
Die Analyse scheint unmittelbar passabel zu sein; nach einer kritischen Prüfung erfährt man dennoch bald, dass etwas nicht stimmt. Die skythische Sprache gehörte zur iranischen Sprachfamilie und genauer gesagt dem nordostiranischen Zweig. Obwohl sie uns nur aus indirekten Testimonien (vor allem Proprien) bekannt ist, können wir aus dem Vergleich der anderen iranischen Sprachen feststellen, was in der verstorbenen skythischen Sprache denkbar gewesen wäre und was nicht. Von den neuiranischen Sprachen ist das im Nordkaukasus gesprochene Ossetisch mit dem Skythischen am Nächsten verwandt. Die Sprache des ursprünglich mündlich überlieferten Avesta kommt in zweiter Reihe, bietet aber wegen ihren altertümlichen Charakters ein unentbehrliches Zeugnis. Die skythischen Elemente, auf die sich Herodot in der angeführten Etymologie beruft, finden in der iranischen Sprachfamilie keine Entsprechungen: ‚Eins‘ heißt dort aiwa und ‚Auge‘ čašman = ossetisch īw / ew und cæst.
Die Interpretation des Namens als „einäugig“ schreibt Eustathios (Comm. in Dion. perieg. 31) ausdrücklich auf Herodot zurück, obwohl er die Etymologie mit einer anderen Worttrennung wiedergibt ἀρί + μασπός (ebenfalls Sch. Aisch. Prom. vinct. 805a). Entweder gab es in der herodoteischen Tradition zwei unterschiedliche Trennungen (die gegebenenfalls nicht auf den Autor selbst, sondern auf einen Versuch, das Argument zu verdeutlichen, zurückgehen), oder Eustathios’ Quelle hat Herodot falsch nach dem Gedächtnis zitiert. Wie dem auch sei, die Etymologien scheinen direkt von der vorliegenden Form abgeleitet worden zu sein. Die Variante der direkten Überlieferung behält sogar das [u] des Akkusativs Plural in der Anführung des zweiten Gliedes bei: Ἀριμασπούς > σποῦ. Die Etymologie beruht also nicht auf einem sorgfältigen Interview mit einem skythischen Muttersprachler, sondern ist auf dem Schreibtisch entstanden.
Die Sage von den Arimaspen hat Herodot wohl kaum aus einer skythischen Quelle, sondern mutmaßlich ausschließlich oder vorwiegend aus der Arimaspeia des Aristeas von Prokonnes geschöpft, auf welches Epos er in der Diskussion über die Einwanderung der Skythen ins Schwarzmeergebiet ausdrücklich verweist (4,11-15). Herodot erwähnt an unserer Stelle zwar nicht Aristeas; die Nachricht von einäugigen Leuten und goldhütenden Greifen nahm aber in dessen Werk einen zentralen Platz ein. Herodot behauptet, dass die Geschichte letztendlich von den Skythen stammte (παρὰ δὲ Σκυθέων ἡμεῖς οἱ ἄλλοι νενομίκαμεν), und die Skythen sie ihrerseits von den Issedonen erfahren hatten. Das Wort Ἀριμασποί wird zwar als skythisch beschrieben und analysiert; Herodot sagt aber, dass ‚wir‘ sind es, die das Volk mit diesem Namen benennen. Wahrscheinlich steckt auf dieser Stelle hinter dem herodoteischen ‚wir‘ die auf Aristeas zurückgehende griechische literarische Tradition hinter.
Askold Ivantchik argumentiert dafür, dass die Arimaspeia erst Ende des 6. oder Anfang des 5. Jahrhunderts v.Chr. entstand. καθύπερθεν ... πρὸς Βορέω soll aus der ionischen Wissenschaftssprache stammen; da dieser Ausdruck sich aber sonst nur gerade in Herodots Exkurs über die skythische Geographie befindet, ist er m.E. vielmehr aus der Arimaspeia in die Sprache der ionischen Geographen hineingedrungen. Ivantchik beruft sich ansonsten auf den innovativen Sprachgebrauch der überlieferten Fragmente, aber er muss nicht auf eine späte Abfassung hindeuten: Sprachliche Altertümlichkeit bzw. Erneuerung sind in der archaischen griechischen Dichtung vielmehr eine Frage von Genre und Aufführung. Die Sprache des homerischen Epos ist formelhafter, weil es in mündlicher Improvisation vorgetragen wurde und traditionelle Themen behandelt, während die ionische Elegie sowie als die alkmanische Chorlyrik auch in sprachlicher Hinsicht experimenteller waren.
Es ist darüber hinaus ein entscheidendes Argument für die Datierung der Arimaspeia auf das 7. Jahrhundert v.Chr., dass Alkman an drei verschiedenen Stellen auf Aristeas’ Epos anspielt. Er erwähnt im Fr. 156 die Issedonen (offenbar mit E oder A statt I , aber der abweichende Vokalismus in einem fremden Namen bedeutet in mündlich vorgetragener Dichtung wenig) und im Fr. 90 das mythische Gebirge Rhipa. Der ἵππος Κολαξαῖος im berühmten Partheneion (Fr. 1,59) hängt wahrscheinlich mit Κολάξαϊς, dem Namen des ersten skythischen Königs (Hdt. 4,5-7), zusammen; die identische Wiedergabe der skythischen Phonologie deutet auf eine gemeinsame Quelle hin, und da kommt wohl nur Aristeas in Frage. Ivantchiks Hinweis auf Alkmans lydische Herkunft ist umsonst, da diese sicher auf Aristoteles zurückgehende These (vgl. P.Oxy. 2389) wahrscheinlich lediglich von den vielen Hinweisen auf lydische Kultur in den Gedichten herrührt, und Fragment 16, auf das die antiken Gelehrten sich beriefen, nichts beweist; sie gehört sicher zum biographistischen Unsinn, den die Alten aus den Versen der Dichter schlossen.
Der Arimaspen-Namen hängt höchstwahrscheinlich mit dem iranischen Wort für ‚Pferd‘ zusammen: aspa (ossetisch jæfs / æfsæ), wie es schon lange von der Mehrzahl der Forscher angenommen wird. Falls man dem sich beim byzantinischen Epitomator Tzetzes befindenden Exzerpt aus der Arimaspeia Glauben schenken darf, scheint Aristeas die Einäugigkeit und die Pferdezucht in unmittelbarer Nähe erwähnt zu haben (fr. 5 + 6 Bernabé = 2(i) + (ii) Davies):
καὶ φάσ<αν> ἀνθρώπους εἶναι καθύπερθεν ὁμούρους πρὸς Βορέω, πολλούς τε καὶ ἐσθλοὺς κάρτα μαχητάς, ἀφνειοὺς ἵπποισι, πολύρρηνας, πολυβούτας <...> ὀφθαλμὸν δ᾽ ἕν᾽ ἕκαστος ἔχει χαρίεντι μετώπῳ, χαίτῃσι<ν> λάσιοι, πάντων στιβαρώτατοι ἀνδρῶν.
Die Verse werden im aischyleischen Prometheus vinctus 804-5 als τόν μουνῶπα στρατὸν Ἀριμασπὸν ἱπποβάμον᾽ ‚die einäugige pferdreitende arimaspische Schar‘ zusammengefasst. Vielleicht hängt das erste Glied des Namens, ἀριμº, mit jungavest. raēva , raēvant ‚reich‘, altind. revant (vgl. osset. riwæ ‚Reichtum‘) zusammen. Wenn man bedenkt, dass es im Ionisch-Attischen kein w mehr gab und anlautendes r stimmlos („behaucht“) ausgesprochen wurde, ist die Entstellung nicht ganz undenkbar: */raiw / > /arim /. ἀφνειοὺς ἵπποισι ist dann eine genaue Übersetzung des Namens oder einer dem griechischen Proprium zugrundeliegenden Wortzusammenstellung, etwa *raiwąs / raiwantah aspān. Aristeas mag hinzugefügt haben, dass der Name davon, sc. vom Pferdereichtum, hergeleitet worden war, was Herodot jedoch als von der Einäugigkeit missverstanden hat. Der Versanfang ὀφθαλμὸν δ᾽ ἕν᾽ (oder ähnliches, falls das Fragment unecht ist) hat gegebenenfalls zur Etymologie ῾ἄριμα᾿ γὰρ ἓν καλέουσι Σκύθαι, ῾σποῦ᾿ δὲ ὀφθαλμόν geleitet. Oder Herodot hat einfach vorausgesetzt, dass die Arimaspen vom auffälligsten Zug benannt worden waren. Obwohl die vorgeschlagene Interpretation nicht einleuchtend ist und letzten Endes nur exempli gratia dienen kann, hat sie den offenbaren Vorteil, dass ihre Semantik durch die Quellen unterstützt wird.
Später im selben Buch legt Herodot eine ähnliche Analyse der skythischen Bezeichnung der Amazonen vor (4,110,1):
τὰς δὲ Ἀμαζόνας καλέουσι οἱ Σκύθαι Οἰόρπατα, δύναται δὲ τὸ οὔνομα τοῦτο κατὰ Ἑλλάδα γλῶσσαν ἀνδροκτόνοι· ῾οἰὸρ᾿ γὰρ καλέουσι ἄνδρα, τὸ δὲ ῾πατὰ᾿ κτείνειν „Die Skythen nennen die Amazonen Oiorpata; dieses Wort heißt auf griechisch ‚Männertöter‘, denn oior heißt ‚Mann‘ und pata ‚töten‘.“
Wir haben noch einmal etwas, das unmittelbar wie eine moderne sprachwissenschaftliche Etymologie aussieht. Das erste Glied hält die Forschungsmehrheit auch für korrekt: οἰόρ soll den Versuch darstellen, ein iranisches vīra- ‚Mann, Krieger‘ wiederzugeben (eventuell zuerst als *οἰρο notiert). An der Stelle von [wi: ] haben wir also [oi]. Das zweite Glied ist schon problematischer: Eine Möglichkeit ist das iranische pati ‚Herr‘. Im Vedischen gibt es in der Tat die Zusammensetzung vīrápatnī, die mit skythischem Οἰόρπατα formal übereinstimmen würde; es heißt jedoch ‚die Frau eines Helden‘ (Rigveda 1,104,4; 6,49,7), was im Grunde genommen der Gegensatz zur emanzipierten Amazone wäre. Andere entscheiden sich für eine Ableitung von der Wurzel *peth1 ‚fallen‘. Das Nomen ºpāta heißt aber im Altindischen als Hinterglied nicht ‚fällend‘, sondern entweder ‚Fall, Fliegen‘ oder ‚fallend, fliegend‘, z.B. vajrapāta ‚wie die Donnerkeule fallend‘ (im Avestischen gibt es lediglich das andere ºpāta , ‚schützend‘). Wegen der Hesychglosse ὁρμάται· ἀνδροκτόνοι. Σκύθαι, die ohne Zweifel aus Herodot geschöpft worden ist, nimmt Abaev an, dass im Text ursprünglich *οἰρόμαρτα = skythisch *vīra-mār-ta ‚Männertöterinnen‘ stand. Es fehlen jedoch andere Belege dafür, dass es ein athematisches mār mit dem Wert eines transitiven Nomen agentis gab. Die Korruptionsstufen sind unter allen Umständen zu viel. (Die hesychische Variante beruht sicher eher auf einer Verwechslung mit dem Völkernamen Σαυρομάται.)
Die Handschriften haben Οιορπατα oder Αιορπατα (mit wechselnden Diakritika) an einer Stelle, an der die Syntax als Prädikat zu τὰς Ἀμαζόνας einen Akkusativ Plural fordert. Es könnte zwar als Οιορπατᾱ mit einem iranischen Plural auf * āh (avest. ) gedeutet werden; eine derartige Form wäre aber wahrscheinlich in die griechische Entsprechung auf –αι, ας umgedeutet worden (vgl. Hdt. 4,6,1 Παραλάται = *Paradātāh). Herodot hat deswegen eher eine Form mit kurzem ă verstanden: Οιορπατᾰ, die er nicht ohne weiteres - anders als ein außergewöhnliches Neutrum Plural - ins griechische Sprachsystem hineinpassen könnte. Was er aufgezeichnet haben mag, ist möglicherweise einen Plural auf * ta, welches Formans in den heutigen nordostiranischen Dialekten weit verbreitet ist. Trifft dies zu, sollen wir nicht Οἰόρπατ , sondern Οἰόρπα erklären. Als Hinterglied mit der Bedeutung ‚tötend‘ würde man aus indogermanischer und indoiranischer Sicht jedoch zunächst eine Ableitung von der Wurzel *gwhen erwarten (iranisch gan (jan ), aind. gan , han , gr. θείνω, φόνος). Es gibt in der Tat eine Zusammensetzung mit vīra : jungavest. vīragan / vīrəngan ‚Männer, Krieger tötend‘. Wir hätten gegebenenfalls vor uns ein thematisches *vīra-gnā-ta, das zuerst als *ΟΙΡΟΓΝΑΤΑ aufgezeichnet, aber später zu ΟΙΟΡΠΑΤΑ verschrieben wurde. Die Annahme mehrerer Verderbungsstufen - die auch in die erklärende Glosse πατά hineingedrungen sein müssen - ist aber von vornherein verdächtig.
Eine andere Möglichkeit wäre avestisch aēva ‚eins‘ + varah ‚Brust‘ (< *vrh1-es , vgl. aind. úras ). Wie die skythisch-sarmatische Form aussehen würde, ist unklar. Die Frage ist, wie man über das überflüssige π Rechenschaft ablegen kann: *aiwa-waraha ta > *ΟΙΟΡΑΗΑΤΑ wäre in Herodots psilotischem Ionisch nicht denkbar, und *aiwa-wrā ta > *aiwa-rwā ta hätte wohl kaum zu ΟΙΟΡΠΑΤΑ führen können (die Sarmatisch-Ossetische Metathese von CR betrifft außerdem nicht wr). Die beste Lösung ist m.E. eine Derivation mit dem Suffix * aka / * aga : *aiwawaragāta > *ΟΙΟΡΓΑΤΑ > ΟΙΟΡΠΑΤΑ (eine Korruption, die möglicherweise schon in Herodots eigenen Notizen entstanden war). Die griechischen Schwarzmeerinschriften weisen eine genaue Parallele zu dieser Bildung auf: IOSPE I2,106,6-7 Φλιμάνακος; 42,1; 42,3; 43,2-3 Φλειμνάγου; 96,4 Φλείμναγος (Olbia); CIRB 1179,55 Λιμνάκου (Gorgippia); 1287,21-2 Λίμνακος (Tanais) = sarmatisch *(F)liyamanak/gos, zum Appellativ *friya-manah ‚liebgeistig‘ (= avest. frya ‚lieb‘, aind. priyá , dt. frei + avest. manah ‚Geist‘, aind. manas , gr. μένος); osset. lymæn ‚Freund‘; CIRB 36,20 Λείμαν[ος] (Pantikapaion); 1277,1 Λείμανος (Tanais); 96,5-6 Λείμανον (Pantikapaion); 1278,25; 1279,14 Λειμάνου (Tanais).
Diese Erklärung wird umso wahrscheinlicher, weil es in der hippokratischen Schrift Luft, Wasser, Ortschaften mitgeteilt wird, dass die sauromatischen Mütter die rechte Brust ihrer kleinen Mädchen wegbrennen (17,3). Wir haben es höchstwahrscheinlich (hoffentlich) mit einer Sage zu tun, die eigentlich nur die mythischen Oiorpata betraf, die aber der Verfasser des Traktats auf die gegenwärtigen Sarmatinnen wegen ihrer emanzipierten Lebensweise projizierte. Diese das Bogenschießen erleichternde Verstümmelung wird aber bald ein typisches Merkmal der griechischen Amazone überhaupt: Bereits Hellanikos schreibt den Amazonen, die er eben im Sarmatenland platziert (FGrHist 4 F 167a-b), das Wegbrennen der einen Brust zu (FGrHist 4 F 107). Die vorgeschlagene Etymologie liegt sowohl inhaltlich als auch lautlich auf der Hand.
Die Frage ist aber, was mit Herodots ἀνδροκτόνοι aufzustellen ist. Das griechische Wort Ἀμαζών selbst hat noch keine befriedigende Etymologie gefunden. Der Vorschlag, dass es sich um eine Ableitung von einem dem griechischen μαχή entsprechenden, selbst nicht belegten iranischen *mazā handelt, wird von Manfred Mayrhofer zu Recht abgelehnt. Ich bin der Ansicht, dass die behandelte Herodotstelle zur Lösung beitragen kann, wenn man zugibt, dass es in Wirklichkeit Ἀμαζών ist, das eigentlich ‚männertötend‘ heißt. Herodot, oder seine Quelle, wurde mit anderen Worten von einem iranischkundigen Informanten missverstanden und zeichnete eine Übersetzung nicht von Οἰόρπατα, sondern von Ἀμαζόνες auf. Trifft diese Hypothese zu, haben wir jetzt etwas, mit dem wir das Etymologisieren anfangen können.
Hinter dem Vorderglied mag das indoiranische ama ‚Kraft, Stärke‘ stecken. Es wird im Avesta sowohl von der ‚beim Angriff entfalteten Kraft‘ als auch von ‚der Kraft des Manns im geschlechtlichen Sinn‘ verwendet. Dasselbe Glied liegt wahrscheinlich auch im skythisch-sarmatischen Namen Ἀμώσπαδος = *Ama-spāda ‚mit einem Kraftheer‘ vor (IOSPE I2,105,4-5; 267). Das Hinterglied ist ein Wurzelnomen zum oben erwähnten Verb gan , jan ‚schlagen, töten‘. In den avestischen Texten tritt es je nach der Flexionsform entweder als palatalisiertes vollstufiges jan oder als velares schwundstufiges γn auf, vgl. vərəθra.jā, .janəm, .janō ~ .γnō, .γne ,wehrhaft‘, ganz wie im Falle der altindischen Entsprechung: vrtrahā, hanam, hanah ~ ghnah, ghne (idg. *ºgwhen ~ *ºgwhn ). Die Formen mit ja(n) bzw. ha(n) sind in den Texten viel häufiger als diejenigen mit γn bzw. ghn ; die palatalisierten Formen machen im Avesta ca. 87 % und in der Rigveda ca. 93 % sämtlicher Belege aus. Da das iranische j [dž] ohne weiteres mit der archaisch griechischen Affrikate [dz] (geschrieben ζ) wiedergegeben werden konnte, ist die Herleitung des griechischen Ἀμαζών, Ἀμαζόνες von iranischem *amajā, *amajanah ‚potenztötend‘ aus phonetischer Sicht unproblematisch.
Die Frage ist, ob man nicht eher eine Ableitung mit dem Femininsuffix erwartet. Im Vedischen bilden die Komposita auf ºhan das Femininum mit dem Suffix ī auf dem reduzierten Stamm, vgl. Rigveda 6,61,7 vrtraghnī ‚wehrtötend‘ und 10,159,5 sapatnaghnī ‚Nebenbuhler tötend‘. Dasselbe Suffix bezeugt Herodot für das Skythische in den Götternamen Ταβιτί ‚Hestia‘ und Ἀπί ‚Gaia‘ (4,59,2). Ein entsprechendes iranisches *amagnī wäre dennoch kein guter Ausgangspunkt für die griechische Form. Es könnte ja sein, dass das Iranische, oder zumindest derjenige iranische Dialekt, aus dem das Griechische das Wort entlehnte, das Femininum vom vollstufigen Stamm bildete, *amajanī (eventuell als ein Kompromiss zwischen Nom. *ºgnī und Akk. *ºjanyām < idg. *gwhnih2 : *gwhnieh2m). In der griechischen Nebenform Ἀμαζονίδες (Pindar, Ol. 13,87) möge gegebenenfalls das iranische Suffix widergespiegelt worden sein. Da Ἀμαζόνες seit Homer die vorherrschende Form ist (Il. 3,189; 6,186 - auch dreimal in Pindar) und wegen der fehlenden Motion für spezieller gelten muss, ist es jedoch wahrscheinlicher, dass sie auch primär ist. Im Vedischen bildet die Mehrzahl der Komposita mit einem Wurzelnomen als zweitem Glied außerdem keine besondere Femininumform, und die Motion solcher Wörter sind wahrscheinlich sekundär (nach-urindogermanisch sowie nach-gemeinindoiranisch), z.B. amitrāyú¬dho ... prayāh (Rigveda 3,29,15). Dies ist auch im Griechischen die Regel, vgl. εὔφρων, παραπλήξ, ἄζυξ, ἄπους m./f. (Il. 10,290; Od. 5,161 πρόφρασσα ist eine dichterische Neubildung). Unser Wurzelnomen tritt in der Tat im Indoiranischen vereinzelt im Femininum ohne besondere Endung auf: vedisch vācam ... rakşoháņam valagahánam ‚Dämonen tötende, versteckte Zauber vernichtende Stimme‘ (Vājasaneyi-Samhitā 5,22-23) und jungavestisch frauuašaiiō ... amaēnijanō ‚die Schutzgeister ... beim Angriff niederschlagend‘ (Yašt 13,33). Nichts spricht also dagegen, dass *amajanah ein mythisches Frauenvolk bezeichnen könnte.
Dass so gut wie alle modernen Etymologien von Ἀμαζών von einer iranischen Entlehnung ausgehen, ist jedoch aus chronologischer Sicht nicht ganz unproblematisch. Der Amazonenname muss natürlich zu einer Zeit entlehnt worden sein, als das Griechische mit einem iranischen Dialekt in Verbindung stand - sonst wäre die vorgeschlagene Etymologie sinnlos. In der griechischen Mythologie werden die Amazonen zuerst in Kleinasien beim Fluss Thermodon lokalisiert, wogegen die nördlichen Schwarzmeerufer erst an zweiter Stelle kommen. Es muss also festgestellt werden, zu welcher Zeit iranische Stämme zu diesem Welteck gelangten, und ferner wann und unter welchen Umständen die Griechen mit ihnen verkehrt haben mögen. Obwohl die These, dass es vor 700 v.Chr. wegen der unzulänglichen Schiffstechnologie einfach unmöglich war, den Bosporos zu durchsegeln, ohne Zweifel übertrieben ist und griechische Schiffe sich gelegentlich auch früher ins Schwarzmeer gewagt haben mögen, scheinen die Schwarzmeerküste weitgehend Terra incognita geblieben zu sein. Die frühsten griechischen Kolonien wurden erst im Laufe des 7. vorchristlichen Jahrhunderts gegründet. Uns begegnen vor dieser Zeit keine Spuren griechischer Tätigkeit.
Die Frage ist nicht nur, zu welchem Zeitpunkt, sondern auch von welchen Iraniern die Entlehnung erfolgt sein mag. Die ersten Iranier, mit denen die Griechen in direkte Verbindung traten, scheinen die mit den Skythen eng verwandten Kimmerier gewesen zu sein. Dieses nomadische Reitervolk trieb vom Ende des 8. bis in die Mitte des 7. Jahrhunderts in Kleinasien verheerend um. Sein erster Wohnsitz war nach Herodots historischer Konstruktion, die sich explizit auf Aristeas’ Arimaspeia beruft, die Steppen nördlich des Schwarzen Meers, aber es wurde von den einwandernden, von anderen Stämmen verschobenen Skythen vertrieben. Die assyrischen Urkunden erwähnen zum ersten Mal die Gimera, nachdem sie i.J. 714 den urartäischen König Rusa besiegt hatten. Die Kimmerier stürzten um 700 (nach Eusebios 696) das phrygische Reich um und trieb König Midas, der wahrscheinlich mit dem König Mita der assyrischen Annalen für die Jahre 717 - 709 identisch ist, in den Selbstmord.
Nach dem Zusammenbruch des Phrygischen Reiches war der primäre Wohnsitz der Kimmerier gerade derjenige Teil Kleinasiens, in dem sich die Amazonen im heroischen Zeitalter angeblich aufhielten. Eben der Zusammenbruch des Phrygerreiches, der auch für den Aufschwung des Lyderreiches eine entscheidende Rolle spielte, mag der griechischen Kolonisation des südlichen Schwarzmeerufers den Weg geebnet haben. Der Einfall der Kimmerier in Kleinasien war mit anderen Worten die ausschlaggebende Begebenheit, die das Schwarze Meer und den Nordosten den Griechen öffnete. Die Griechen, die auf der Nordküste Kleinasiens gesiedelt hatten, wurden sicher bald mit der Vorstellungswelt der Kimmerier vertraut und führten den iranischen begriff *amajanah in die griechische Sprache ein. Auf kimmerische Angaben hat sich wahrscheinlich auch Aristeas von Prokonnes in der Beschreibung der osteuropäischen und zentralasiatischen Völkerkunde gegründet. Dass er nicht den ganzen Weg skythische Handelsrouten entlang wanderte, geht von seiner eigenen Behauptung hervor, dass er zu den Issedonen φοιβόλαμπτος γενόμενος, d.h. nicht körperlich, sondern nur in apollinischer Inspiration gelangte (Hdt. 4,13).
Dass das Wort Amazone in der Ilias zweimal auftritt (Il. 3,189; 6,186), spricht jedoch laut der traditionellen Datierung des Ilias-Dichters (in die Mitte des 8. Jahrhunderts) für einen früheren, für das Kimmerier-Modell nicht ganz zutreffenden Terminus ante quem der Entlehnung. Die Ilias ist jedoch kein festgefügter Monolith, der auf einmal verfasst und herausgegeben wurde, sondern ein plastischer Text, der möglicherweise nicht vor Peisistratos zum ersten Mal niedergeschrieben und wahrscheinlich erst in hellenistischer Zeit vollständig stabilisiert wurde. Dass Homer das Schwarze Meer nicht erwähnt, obwohl die ganze Handlung der Ilias sich in seiner unmittelbaren Nähe spielt, heißt nicht, dass es den jüngeren Rhapsoden unbekannt geblieben war, sondern nur, dass es kein Teil des traditionellen homerischen Universums war. Der Katalog der trojanischen Alliierten listet verschiedene Ortschaften auf der nördlichen Schwarzmeerküste auf (2,851-855). Da das Schwarze Meer ein nachhomerisches Phänomen war, hat man diese Verse für interpoliert gehalten. Vielmehr bezeugen sie, dass die Ilias sich in einer Zeit entwickelte, in der die Schwarzmeerufer langsam entdeckt wurden.
Die Amazonen sind in der Kunst seit dem Ende des 7. Jahrhunderts ein beliebtes Motiv. Es wird aber auch ein früheres archäologisches Zeugnis für die Amazonensage angeführt, und zwar ein Tonschild aus Tiryns, der auf ca. 700 datiert wird. Es werden zwei kämpfende Personen abgebildet, deren die eine, die verlierende, einen knöchellangen Rock trägt und Andeutungen von Brüsten zeigt. Es handelt sich offenbar um ein Weib. Hinter ihr steht noch eine bewaffnete Person in langem Rock. Die Datierung kann wahrscheinlich nicht weit genug nach unten geschoben werden, um mit der Kolonisierung des südlichen Schwarzmeerufers in Übereinstimmung gebracht zu werden. Es gab mit anderen Worten bereits um 700 einen Mythos von kämpfenden Frauen. Das archäologische Testimonium ist jedoch kein sprachliches Dokument. Der Tonschild zeigt nur, dass die Vorstellung von kämpfenden Frauen nicht auf einmal durch einen plötzlichen iranischen Einbruch in den Horizont der Griechen eindrang, sondern von mehreren Quellen herrührte.
Der Mythos kämpfender und herrschender Frauen kehrt in den verschiedensten menschlichen Kulturen wieder, und solche Vorstellungen gab es wahrscheinlich bei den Griechen auch vor dem Kontakt mit den Iraniern. Die Griechen scheinen aber diese Frauen eben deswegen mit einem Namen iranischen Ursprungs benannt zu haben, weil die Iranier, die sie zuerst begegneten, zur Konkretisierung ihrer Vorstellungen beitrugen und der Sage einen physischen Raum verliehen. Als die Iranier ins nördliche Kleinasien hineindrangen, haben sie mutmaßlich lokale Kulturen gefunden, in denen die Frauen eine zentrale Rolle spielten – was die Reiternomaden möglicherweise als ein Matriarchat aufgefasst haben und darin die Verwirklichung ihrer eigenen mythischen *amajanah gesehen haben mögen. Solche Sitten waren vielleicht unten den Kaskäern, den Nachbarn der Hethiter, verbreitet, und sie scheinen auch in der hethitischen Mythologie widergespiegelt zu werden.
Der frühste überlieferte Beleg des Amazonennamens ist auf einer Scherbe einer korinthischen Vase geschrieben, die auf ca. 640 v.Chr. datiert wird: Ἀμασζόν (Aigina Mus. 2061 = LIMC Amazones 254). Das magische Augenblick für die Verbreitung des Amazonennamens war mutmaßlich die Erscheinung des Epos Aithiopis, das fünf Rhapsodien im Anschluss an die Ilias präsentierte und dem Referat bei Proklos zufolge Achilleus’ Kampf gegen die Amazonenkönigin Penthesileia, seinen Tod und seine Bestattung auf der Schwarzmeerinsel Leuke behandelte. Die zentrale Rolle der letztgenannten Lokalität (zusammen mit Achills Opferung an die apollinische Trias) deutet darauf hin, dass die Aithiopis nicht vor der Mitte des 7. Jahrhunderts v.Chr. abgefasst wurde, obwohl sie sicher nicht weniger plastisch als die homerischen Epen war. Der mythische Dichter, Arktinos, kam nach der Tradition aus Milet, das eben in der Kolonisierung sowohl der südlichen als auch der nördlichen Schwarzmeerküste führend war. Die Geschichte der weiblichen Reiternomaden mit dem kimmerischen Namen *amajanah hat gegebenenfalls in der Mutterstadt die Umtaufung der in einer älteren Version vielleicht thrakischen Figur Penthesileia in eine aus Thermodon vertriebene Amazone erregt. Die Ἀμαζόνες ἀντιάνειραι sind wahrscheinlich erst im Laufe der improvisierten Wiederaufführung in einer ständigen Wechselwirkung mit diesem und ähnlichen Epen in die homerischen Verse ein. Dass Priamos einmal am Fluss Sangarios den Phrygern gegen die Amazonen geholfen hat (Il. 3,188-190), ist mutmaßlich als eine mythische Vorwegnahme der zeitgenössischen Gefechte zwischen Phrygern und Kimmeriern gedacht, und Bellerophons Amazonenschlacht in Lykien (Il. 6,186) mag ebenfalls an die späteren Verheerungen der Kimmerier im südlichen Kleinasien anspielen.
Die griechische Tradition stellt die Amazonen wie iranische Reiternomaden mit skythischem Bogen dar und platziert sie entweder am Tanais unter den Sarmaten oder am Thermodon, in dessen Nähe nach antiker Gelehrsamkeit „skythische“ Völkerschaften lebten (die Chalyber und Tibarener, vgl. Sch. Apoll. Rhod. 1,1321; 1,1323; 2,375; 2,378). Herodot und Pseudo-Hippokrates bezeugen außerdem, dass es unter den Skythen / Sarmaten eine Sage von einbrüstigen Kriegerinnen gab. Es liegt mit anderen Worten auf der Hand, dass der skythische Kulturkreis im weitesten Sinne zum Amazonenmythos beitrug. Dass die Griechen unmittelbar nach der Kolonisation mit iranischsprachigen Völkern in Verbindung traten, wird außerdem durch den Ursprung des griechischen Namens des Schwarzen Meeres bestätigt: Εὔξεινος (Pindar, N. 4,49 usw.) ist eine euphemistische Umbildung von Ἄξεινος (Pindar, P. 4,203 usw.). Dahinter steckt nach der Meinung fast aller Forscher ein iranisches *axšaina ‚dunkel, schwarz‘ (altpers. axšaina , jungavest. axšaēna , osset. æxsīn). Der in allen modernen Sprachen geläufige Name Schwarzes Meer ist zwar erst seit dem 13. Jahrhundert n.Chr. belegt; Herodot verwendet aber entsprechendes Ἐρυθρὴ θάλασσα für das südliche Meer, d.h. den Indischen Ozean einschließlich des Persischen Golfs und des Roten Meeres. Das Schwarze Meer, das vom Anfang an iranisch war, wurde von den Griechen auch mit den iranischnamigen Amazonen ausgestattet.
Wir sahen oben, dass Herodots skythische Etymologien im Werk und in der klassischen Literatur außerordentlich sind. Es soll deswegen hier auch untersucht werden, welchem Zweck sie dienen mögen. Die Etymologie ist Teil der antiken Diskussion von νόμος und φύσις - inwiefern die Sprache und Wörter natürlich und wahr oder willkürlich und konventionell sind. Die sophistische Diskussion von φύσις und νόμος, die das klassische intellektuelle Milieu prägte, hat rundum in Herodots Werk ihre Spuren hinterlassen. Das hippokratische Traktat Luft, Wasser, Ortschaften erklärt die Kultur und physische Erscheinung (man darf wohl hier das Wort Rasse verwenden) als eine Folge des Klimas und der Umwelt. Die Skythen sind das Haupt¬exemplum der Darstellung (Kap. 17-22). Obwohl Herodot sich gelegentlich in Wendungen äußert, die an den hippokratischen (noch heute in der Volksweisheit spukenden) Umweltdeterminismus erinnert, neigt er deutlich zu νόμος als entscheidendem Faktor. Er setzt sich aber in der Regel nicht explizit mit der Diskussion zwischen φύσις und νόμος auseinander – eine ausgezeichnete Ausnahme ist das Kapitel 3,38. Seine Position erweist sich sonst vielmehr implizit in der Darstellung der Ethnographie der einzelnen Völker.
Proklos führt im Kommentar zu Platons Kratylos Demokrits vier Argumente gegen die Natürlichkeit der Sprache an: 1) dass verschiedene Wörter gleich sind (ὁμωνυμία); 2) dass verschiedene Wörter dieselbe Sache bezeichnen (πολυωνυμία); 3) dass Sachen ihren Namen wechseln (μετάθεσις); und 4) dass es im Sprachsystem Lücken gibt (ἔλλειψις). Obwohl Demokrit Herodots jüngerer Zeitgenosse ist (ca. 460-370 v.Chr.), dürfen wir wohl kaum annehmen, dass er seine sprachphilosophischen Argumente kannte, sondern eher, dass derartige Gedanken zum Zeitgeist gehörten. Dass Sachen ihre Namen wechseln, zeigt Herodot an verschiedenen Stellen im Werk, z.B. wenn der Sikyonier Kleisthenes (der Onkel des Atheners) die örtlichen Phylennamen ändert (5,68,2), wenn die Athener zu verschiedenen Zeiten Pelasger, Kekropiden, Athenaier und Ioner heißen (1,57,2-3; 1,143,3; 7,95,1; 8,44,2), oder wenn das hellenische ἔθνος bald Μακεδνόν und bald Δωρικόν genannt wird (1,56,3). Im Demokritos-Fragment ist die Rede von μετάθεσις. Herodot hat dafür wiederholt den Ausdruck τὸ οὔνομα μετέβαλεν / ον in Kontexten, an denen die Rede von sprachlichen Erneuerungen ist (1,57,2; 5,68,1-2; 7,62,1; 7,73; 7,74,1; 7,164,1). Es heißt von den Athenern, dass sie ursprünglich Pelasger gewesen waren, aber, als sie zu Griechen wurden, zugleich die Sprache wechselten (1,57,3 τὸ Ἀττικὸν ἔθνος ἐὸν Πελασγικὸν ἅμα τῇ μεταβολῇ τῇ ἐς Ἕλληνας καὶ τὴν γλῶσσαν μετέμαθε). Es ist ein implizites Dementi der φύσις-Position, das um so ausgesprochener wird, weil es von der athenischen Behauptung der Autochthonie ausgeht: Auch wenn man sozusagen aus der Erde gewachsen ist, ist man letzten Endes dem νόμος unterworfen.
Das wichtigste Argument gegen die Natürlichkeit der Sprache führt Demokrit nicht an, und zwar, dass verschiedene Sprachen unterschiedliche Namen für dieselben Sachen aufweisen; es kann nicht natürlicher oder wahrer sein, dass ein Hund auf Deutsch mit diesem Wort und nicht etwa chien, dog, σκυλί, u.s.w. benannt wird. Demokrits den Synonymen der aristotelischen Terminologie entsprechende πολυωνυμία ist nur innerhalb der einzelnen Sprache wirksam. Die zahlreichen Stellen, an denen Herodot ermittelt, dass eine und dieselbe Sache auf einer Sprache mit einem Namen und auf einer anderen mit einem anderen bezeichnet wird, ist dagegen eine ständige Mahnung an die Arbitrarität der Zeichen. Das Umgekehrte, dass verschiedene Sprachen unterschiedliche Sachen mit demselben Wort bezeichnen (ὁμωνυμία), kommt ebenfalls vor: An einer Stelle erfahren wir, dass σίγυνναι auf Ligurisch ‚Kaufleute‘, aber auf Kyprisch ‚Spieß‘ heißt (5,9,3); da Herodot eigentlich von den in der Nähe vom Istros lebenden Sigynnern redet, ist seine Mitteilung irrelevant, es sei denn, sie ist als ein Kommentar zur gegenwärtigen Wissenschaftsdiskussion gemeint; unmittelbar vorher hat Herodot ja auch festgestellt: γένοιτο δ᾿ ἂν πᾶν ἐν τῷ μακρῷ χρόνῳ „mit der Zeit kann alles passieren“.
Es wird in Herodots skythischem Buch durchgehend betont, dass die unermesslichen Weiten des nördlichen Schwarzmeerraums eine reiche ethnische Vielfältigkeit aufweisen. Gewissermaßen geht Herodot hier mit seinem Vorgänger Hekataios in eine Polemik ein, insofern als dieser scheint, sämtliche Völker der Region pauschal unter der Bezeichnung ‚Skythen‘ gefasst zu haben, so die Melanchlainen und Issedonen (FGrHist 1 F 185; 193 ap. Strabon). Auch Luft, Wasser, Ortschaften betrachtet das nördliche Schwarzmeergebiet als eine Einheitskultur (vgl. Kap. 17). Herodot unterscheidet seinerseits die einzelnen Völkerschaften ihrer Sprache, Religion, Kleidung und Diät gemäß sehr sorgfältig voneinander und nicht zuletzt von den Skythen, die auf die südlichen Stämme zwischen dem Dnjepr und dem Don eingeschränkt werden. Es heißt von den Argippaiern, dass sie skythische Kleidung tragen, aber ihre eigene Sprache sprechen (4,23,2), von den Androphagen, dass sie Nomaden sind und skythische Kleidung tragen, aber ihre eigene Sprache sprechen und Menschen fressen (4,106), von den Gelonern, dass sie Ackerbauer sind, griechische Religion praktisieren und eine Mischung von Griechisch und Skythisch sprechen (4,108,2), von den Budinern, dass sie eine ganz dritte Sprache sprechen (4,109), und von den Sauromaten, dass sie Nomaden sind, aber ein gebrochenes Skythisch sprechen (4,117).
Am deutlichsten wird die Größe und Vielfältigkeit des Weltteiles an der Stelle hervorgehoben, an der Herodot berichtet, dass die Argippaier (Orgimpaier?) so weit entfernt leben, dass die Skythen mit ihnen durch sieben Dolmetscher und sieben verschiedene Sprachen kommunizieren müssen (4,24). Die sieben Völker sind - indem es auf griechische Weise inklusiv gezählt wird - die Skythen, die Melanchlainen, die Sauromaten, die Budiner, die Thyssageten, die Iyrken und die Orgimpaier (4,21-23). Man fragt sich, ob es nicht möglich gewesen wäre, einen Dolmetscher aufzutreiben, der sowohl Skythisch als Argippaiisch reden konnte, umso mehr weil mit dem Skythischen verwandte Dialekte („Nordostiranisch“) vom Schwarzmeer bis in die zentralasiatische Steppen gesprochen wurden. Es ist jedoch evident, dass die Mitteilung die unermesslichen Weiten Eurasiens veranschaulichen soll.
Herodot stellt im 4. Buch zwei anregende Beispiele für Sprachentwicklung dar, die - zusammen mit den anderen Beispielen des Werkes - als Beiträge zur zeitgenössischen wissenschaftlichen Debatte betrachtet werden können:
In der Mitte des Landes der blonden und primitiven Budiner lag angeblich eine riesige hölzerne Stadt namens Gelonos. Die Einwohner verehrten griechische Götter, bauten griechische Tempel und waren Ackerbauern. Herodot behauptet, dass sie die Nachkommen von Griechen sind, die von den Handelsplätzen im Süden vertrieben worden waren, und unterstützt es damit, dass ihre Sprache eine Mischung von Skythisch und Griechisch sei (καὶ γλώσσῃ τὰ μὲν Σκυθικῇ, τὰ δὲ Ἑλληνικῇ χρέωνται: 4,108-109). Ein in den Handbüchern beliebtes Beispiel für die Mischsprache ist die in Norddakota gesprochene Michif-Sprache, deren nominales System aus dem Französischen und verbales System aus der indianischen Cree-Sprache hergeleitet worden sind. Sie wird vom ca. 1750 infolge der Begegnung französischer Kaufleute und eingeborener Frauen entstandenen Métis-Volk gesprochen. Herodots Rekonstruktion des Ursprungs der Geloner ist mit der Genese des Métis-Volkes im großen und ganzen identisch: Eine Gruppe außerhalb der οἰκουμένη gedrängter griechischer Kaufleute bildete - wahrscheinlich unter der Aufnahme eines skythischen Bevölkerungselementes (Herodot sagt es nicht ausdrücklich) - eine neue Gesellschaft mit einer besonderen Mischsprache. Nichtsdestoweniger stellt Herodots Mischvolk vielmehr eine Konstruktion dar, die erklären soll, wie es überhaupt trotz des geographischen Schemas eine ackerbauende Stadtkultur mitten auf den nördlichen Waldsteppen geben könnte. Falls es sich wirklich um Bel’skoe gorodišče handelt, deutet nichts darauf hin, dass die lokale Kultur besonders griechisch war. Es handelt sich vielmehr um Nachkommen der vorskythischen Bevölkerung. Die Vorstellung des griechischen Elements der gelonischen Sprache ist möglicherweise frei erfunden worden; es mag sich aber auch um eine indogermanische Sprache handeln, die dem griechischen ähnlicher war als das Skythische.
Herodot berichtet später im selben Buch, dass die Sauromaten ein gebrochenes Skythisch sprechen (4,117 φωνῇ δὲ οἱ Σαυρομάται νομίζουσι Σκυθικῇ σολοικίζοντες αὐτήν). Das sauromatische Volk, das wohl mit den späteren Sarmaten identisch sind, soll aus der Ehe junger skythischer Männer und auf die Schwarzmeerküste gestrandeter Amazonen entstanden sein. Das gebrochene Skythisch findet darin seine Erklärung, dass die Amazonen die Sprache nicht richtig lernten (ἐπεὶ οὐ χρηστῶς ἐξέμαθον αὐτὴν αἱ Ἀμαζόνες). Was Herodot uns vorstellt, ist ein Beispiel dafür, dass eine Gruppe die Sprache einer anderen Gruppe übernimmt, ohne sie vollständig gelernt zu haben - das was in der Sprachwissenschaft „imperfect learning“ genannt wird. Herodots Darstellung ist sehr lebendig (4,111-116): Die Skythen stehen einer Gruppe gegenüber, deren Sprache, Kleidung und Ethnizität sie nicht kennen; am Anfang können sie miteinander nicht reden, sondern kommunizieren mit Gebärdensprache; da die Männer die Sprache der Frauen, die offenbar zu exotisch war, nicht lernen konnten, lernten die Frauen die der Männer. Man fragt sich, was Herodots Quelle war. Er hat wohl kaum vergleichende Sprachwissenschaft aufgrund selbständiger Feldstudien in den beiden Sprachen vorgenommen, sondern vielmehr von den Skythen, wahrscheinlich durch griechischsprachige Gewährsmänner, die subjektive Bewertung der sarmatischen Sprache als einer verständlichen, aber gebrochenen Variante des Skythischen aufgezeichnet.
Es ist trotzdem glaubhafter, dass die beiden Dialekte sich von einem gemeinsamen Ausgangspunkt - eher als der eine von dem anderen - entwickelt haben. Wir haben leider keine Texte auf Sarmatisch oder Skythisch zur Verfügung, und jedes Urteil über ihre mundartliche Stellung muss von den in griechischen Texten überlieferten Namen ausgehen. Die iranischen Namen sind vor allem in den kaiserzeitlichen Inschriften häufig, zu welcher Zeit die Sarmaten die nördlichen Steppen beherrschten. Einige dieser Namen sind in ihrem Lautstand altmodischer, andere fortgeschrittener: z.B. αυ ~ ω; αι ~ η; π ~ φ; φλι ~ λι. Die olbischen und chersonesischen Inschriften tendieren zu den älteren - skythischen? - und die bosporanischen zu den jüngeren - sarmatischen? - Varianten (vgl. die oben angeführten Belege des Namens Φλιμάνακος). Wir haben den Lautübergang *ry > l im von Herodot mitgeteilten skythischen Namen Κολάξαϊς, der wahrscheinlich auf iranisch *Xwarya-kšaya ‚Sonnenkönig‘ zurückgeht; Alkmans ἵππος Κολαξαῖος ‚skythischer Ross‘ bezeugt, dass diese Form schon im 7. Jahrhundert v.Chr. aufgezeichnet war. Wenn Namen wie CIRB 1242,20 Ἴρβιδος; 1287,25-6 Ἴργανος (Tanais) tatsächlich von *arya abgeleitet worden sind, war diese Lautentwicklung noch nicht im östlichen (sarmatischen?) Teil des nordpontischen Sprachraumes vollendet, während der Name IOSPE I2,103,6 Ἠλμάνου; 108,3-4 Ἤλ[μανος (Olbia) möglicherweise das Gegenteil für den westlichen (skythischen?) Teil begründet. Das Skythisch-Kimmerische war sicher ursprünglich progressiver als das Sarmatische gewesen (*ry > l); in nachklassischer Zeit lag das sprachliche Epizentrum aber im Osten (*au > ō; *ai > ē; *p > f; *fli > li). Sarmatisch ist also kein verdorbenes Skythisch, sondern ein Schwesterdialekt.
Auch wenn Herodots Darstellung der griechisch-skythischen Mischsprache der Geloner und des verdorbenen Skythisch der Sauromaten offenbar nicht unwiderlegbar ist, demonstriert sie mit aller Deutlichkeit, dass Sprache und Kultur keine naturgegebenen, unveränderlichen Größen, sondern historische Produkte, Konstruktionen, sind. Im Falle der Geloner werden die festen geographischen Schemen in der Praxis abgebrochen, und griechische Ackerbauer und skythische Nomaden verschmelzen. Auch in der Geschichte der solözisierenden Sauromaten wird Herodots kulturrelativistische Position veranschaulicht: Barbarisch ist nicht nur Barbarisch und Skythisch nicht nur Skythisch, sondern es gibt - genau wie im Griechischen - verschiedene Graden von korrektem und gebrochenem Skythisch. Der Begriff σολοικισμός bezeichnet eigentlich Sprachfehler des griechischen Muttersprachlers (zunächst auf dem syntaktischen Gebiet). Diese Perspektivverschiebung erinnert an die Stelle, an der Herodot mitteilt, dass die Ägypter alle Fremdsprachler ‚Barbaren‘ nennt (2,158,5) - besser kann die Relativität der Wörter und Begriffe nicht hervorgehoben werden, und man spürt das ironische Lächeln. Dieselbe Idee wird im Falle der Gelonen ausgedrückt: Griechische und skythische Sprache verschmelzen, und das Griechische rückt aus dem Zentrum in die Peripherie der Sprachbetrachtung.
Skythisch ist die einzige Fremdsprache, in der Herodot regelrechte (obwohl anscheinend falsche) Etymologien begeht. Eben weil Herodot Signifié und Signifiant, Wort und Sinn, nicht unterschied und nicht unterscheiden konnte - es ist eine Errungenschaft der stoischen Philosophie - führte die Existenz der zweigliedrigen griechischen Übersetzung des skythischen Namens automatisch zu einer zweigliedrigen Analyse. Aus Ἀριμασπούς = μουνοφθάλμους und Οἰόρπατα = ἀνδροκτόνοι schlossen sich folgerichtig die Glieder ἄριμα = ἕν + σποῦ = ὀφθαλμός bzw. οἰόρ = ἀνήρ + πατά = κτείνειν. Die Existenz des skythischen Namens mit einer gegebenen zweigliedrigen Semantik setzt in der vorstoischen Sprachbetrachtung zwangsläufig das Vorhandensein der Glieder als skythische Wörter voraus, und man muss nicht erst einen Muttersprachler (oder ein Lexikon) nach ihrer tatsächlichen Existenz fragen. Dass Herodot skythische Namen auf der Grundlage skythischer Wörter etymologisiert, ist zugleich eine Stellungnahme: Die φύσις-Etymologie, die eine tiefere Wahrheit in den Namen suchte und den wahren Namen der Sachen belegen wollte, wird von Herodots νόμος-Etymologie widerlegt, die die Wechselhaftigkeit und Willkürlichkeit der Namen veranschaulicht. Während in Platons Kratylos nicht-etymologisierbare, aber schon urgriechische Wörter wie πῦρ, ὕδωρ, κύων auf das Phrygische zurückgeschrieben werden (410a), führt Herodot das im Griechischen eingebürgerte (4,27 νενομίκαμεν) Ἀριμασποί auf völlig fremde Bestandteile zurück. Er verdeutlicht, dass ein Wort wie Ἀριμασπούς dasselbe wie μουνοφθάλμους und Οἰόρπατα dasselbe wie ἀνδροκτόνοι heißen kann, wenn man zugibt, dass es für die geläufigsten Begriffe herausfordernd fremdartige Namen gibt: ἄριμα = ‚eins‘, σποῦ = ‚Auge‘, οἰόρ = ‚Mann‘ und πατά = ‚töten‘. Skythien wird in Herodots etymologischen und sprachgeographischen Analysen das Gegenbild, das den griechischen νόμος dekonstruiert.
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